12 May 2005

Tag 21 - Las Vegas

Tag 21 - Las Vegas | 10.05.05

"Privacy Please" stand auf dem Schild, welches ich an die Tür von meinem Zimmer im Aladdin gehängt habe. Und diesmal war ich mir hunderprozentig sicher, dass ich nicht vom Housekeeping gestört werde. Schließlich bin ich in Vegas, wo die Leute sich die Nächte mit Spielen und Trinken um die Ohren hauen. Die wenigsten werden Früh auf sein. Um sieben war ich das erste mal wach und um neun bin ich aufgestanden. Genauer gesagt habe ich mich im Bett aufrecht hingesetzt und die Blogs der letzten zwei Tage geschrieben.

Für heute hatte ich mir vorgenommen den Strip einmal rauf und runter zu laufen und mir die anderen Casinos anzusehen. Aber da ich dafür den ganzen Tag Zeit hatte, war ich nicht in Eile. Und die Entäuschung von gestern war da alles andere als katalysierend. Nachdem ich geduscht hatte, entdeckte ich ein rotes Lämpchen am Zimmertelefon, welches blinkte. Voice-Mail. Aha. Nach 2 Minuten Erklärungen einer Bandansage hörte ich dann meine Nachricht. Es war eine Dame von der Zimmerreinigung, die mir mitteilte, dass wenn ich mein Zimmer sauber haben möchte, ich irgend eine Nummer anrufen muss. Das hat sie in 10 Sätzen in 3 Sekunden gesagt, wovon ich nur diesen Bruchteil verstand. Naja, war mir aber sowieso egal. Zum einen ist es nur noch eine Nacht und zum anderen hab ich ja noch ein zweites, ungemachtes Bett.

Ich schnallte mir meinen Laptop auf den Rücken und ging den Strip Richtung norden, weil ich wusste, dass dort ein Starbucks mit Hotspot ist. Frühstück war angesagt. Dummerweise hatte ich die falschen Schuhe an, welche auf unangenehme Weise meine Blase an der Ferse massierte. Ich war aber schon zu weit vom Hotel weg um sie zu wechseln. Auf der Straße war schon ... *hüstel* (es war so 14h) einiges los. Einige waren entweder schon oder noch leicht angetrunken und mit Bierflaschen in der Hand auf der Straße unterwegs. Man kennt das ja aus diversen Filmen, da laufen die Penner mit einer Flasche Alkohol in einer Papiertüte über die Straße. Denn in den USA darf man Alk nicht öffentlich trinken, er muss verdeckt werden. Entweder gilt das hier nicht oder es interessiert keinen. Ich tippe auf ersteres. Und dann ist das so, wie wenn man 18 wird und auf einmal alles darf. Dann macht man vielleicht Dinge, die gar nicht so interessant sind, aber man macht sie halt, weil man sie jetzt machen darf. So ähnlich stelle ich mir das vor, mit einer geöffneten Flasche Bier durch die Straßen zu ziehen. Dazu noch um zwei Uhr Mittags.

Auffällig aber für mich nicht überraschend, stehen am Straßenrand am Strip alle paar Hunder Meter Leute und verteilen Karten. Kennt man ja. Schlußverkauf hier, Sonderangebote da, Party dies, Party das. Am Abend vorher hab ich einen Bericht in den Nachrichten gesehen, der über genau diese Leute berichtet hat. Sie verteilen Karten mit pornographischen Bildern, welche zu Sexshows (oder so) einladen. Und die Bilder sind sooo schlimm Pornomäßig, dass sie diese nur von weiten zeigen (Nachriten Nachts um 23h oder so). Uiuiui. Ich hab mir dann ein paar dieser Karten andrehen lassen und war entsetzt. Hardcorepornos der härtesten Sorte. Wenn man alles gesammelt hat, kann man sie als Daumenkino abspielen und sich so gleich einen ganzen Film ansehen. Ne, quatsch. Natürlich nicht, aber eigentlich keine schlechte Idee, oder *g*.

Die Karten, welche ausschließlich von mit an Sicherheit kaum zu überbietender Wahrscheinlichkeit mexikanischen Bürgern verteilt werden, zeigen Mädchen, die man bestellen kann. Jaja, die prüden Amis. Aber nervig ist das schon. Die schnippen die Karten die ganze Zeit und wedeln wie blöd damit rum. Beim ersten mal ganz witzig, beim zweiten mal schon nervig.


Das sind die Bilder, die so pornografisch sind, dass die Kamera da nicht nah genug ran gehen konnte um sie zu zeigen.

Der dritte Starbucks auf meinem Weg war dann mit Hotspot. Und zum allerersten mal seit dem ich hier in den USA bin, überkam mich uneingeschränkter Größenwahnsinn. Ich bestellte mir einen Frapuccino und setzte mich in den Starbucks. Ist ja wirklich lecker, aber meine Fresse. Als ob ich es nicht wüsste, in den Läden ist es saukalt. Ich verbrachte zwei Stunden dort und wärmte mich zwischendrin mit dem immer lieber gewonnenem Chai Te Latte auf. Ich hatte es immer noch nicht - oder wieder nicht - eilig in die Casinos zu kommen. Ich hatte mir vorgenommen zum Zimmer zurück zu gehen, die Schuhe zu wechseln und dann wenn es dunkel ist den Strip in die andere Richtung zu laufen. Ist sicher interessanter als das alles bei Tageslicht zu sehen. Aber vor allem störte mich der Rücksack.


Man achte auf den Kaffeebecher.


Vegas bei Tageslicht.

Sportschuhe an, Rucksack ab und runter zum Casino. Dort zieht es mich zu einem 5$ Automaten und ich will ihn mit 10$ füttern. Den spuckt er mir fünf mal wieder aus. Raffiniert, raffiniert. Ich stecke also 20 rein, die er auch sofort annimmt. Im Gegensatz zum Vorabend bin ich ohne ersichtlichen Grund gut gelaunt und hab Lust zu spielen. Und es macht mir Spaß. Ich gewinne irgendwie ein bisschen und lasse mir einen 28$ Voucher auszahlen. Ich war vorher auf 5$ runter und dachte mir, sobald ich - aus meiner Sicht - einen höheren Betrag gewinne, wechsel ich den Automaten. So hopte ich von Maschinschn zu Maschinschn und hatte so meine Hochs und Tiefs. Das Hoch lag bei 45, das Tief bei 15 Dollar. Fand ich aber immer ganz ok, denn für mich ist das ja Entertaiment und nicht Gewinnment. An einem WildwestClintEeastwoodautomaten, der mir viel Freude bereitete, gesellten sich mit großer Vorsicht drei Damen mittleren Alters und alkoholischen Getränken zu mir. Die typische Gerade-Angekommen-und-noch-keinen-Plan-Vorsichts-Haltung. Sie fragten mich, wie das funktioniert und ich erklärte das ein wenig. Es gibt - je nach Automaten - eine Anzahl von Buttons wo man festlegt, welche und wie viele Reihen man spielt und dann noch wie hoch der Einsatz pro Reihe man ist. Viel mehr gibt es eigentlich nicht. Wir kamen jedenfalls ins Gespräch und ich arbeite noch dran, dass meine Antwort auf die Frage "Wo kommst Du her?" nicht mit "Ach, dachte ich mir schon" beantwortet wird. Eine der drei Damen hat 5$ verspielt ich hatte dort mit 32 angefangen und war bei 45. Wir haben dann aber mehr gequatscht als gespielt und das fand ich sogar noch interessanter. Bestimmt eine halbe Stunde oder länger. Nebenbei haben wir uns was zu trinken bringen lassen und die Bedienung heute war irgendwie freundlicher. Wahnsinn. Spaß am Spielen, nette Leute zum Unterhalten, was zum Trinken und ich gewinne Geld? Genau das Gegenteil vom Vorabend.

Die Damen - das sind Große-Augen-Linda, An-Tony und Wein-liebhaberin-Cindy aus Florida. Tony (welche ich immer Antony genannt hab, weil das so beim Vorstellen geklungen hat) wollte dann an einen Würfeltisch. Interessant zweite Stufe, da will ich mit, kenn ich noch nicht. Sie wollen aber erst ihre Männer am Pokertisch einsammeln. Nix problem, ich dackelte hinther.

Die Männer waren erst etwas verwundertüberraschtmisstrauisch, was aber auch verständlich ist. Das Durschnittsalter schätze ich so auf 60. Der Mann von Linda (hab seinen Namen vergessen) hat mich dann in "Craps" eingeweiht. Das ist das Spiel mit den zwei Würfeln, welche quer über den Tisch geschmissen werden. Ich hab nur zugeschaut und es hat eine Weile gedauert, bis ich es verstanden habe. Was nun aber zum Glück der Fall ist. Nachdem die Männer also noch mehr Geld als beim Drei-Karten-Pokern verspielt hatten, wollten sie wieder genau dorthin zurück. Die Damen hatten sich an einen Tisch an die Bar gesetzt und ich gesellte mich hinzu.

Alles zu erzählen ist zu viel, aber wir haben uns sowas von prächtig unterhalten. Viele Themen querbeet. Ich musste natürlich viel über mich und Deutschland erzählen. Die Männer waren sehr an meiner Meinung über die USA interessiert. Und wie die Frauen mich angeschaut haben, ich glaub die hatten mich richtig gerne. Ich entdeckte gerade einen Ich-hab-dich-gerade-in-mein-Herz-geschlossen,-Schwiegersohn-Blick, als Cindy mir erzählte, dass sie eine 24 jährige Tochter hat... die noch Solo ist... und toll aussieht... und ganz, ganz nett ist... äh, ja. Das hab ich einfach mal so stehen lassen. Bei Linda hatte ich immer das Gefühl, dass sie mich gleich mit ihren Augen auffrisst, aber das lag wohl daran, dass sie so groß sind.

Der Mann von Linda sagte mir, dass er nicht betrunken sei - was ich ihm nicht glaubte - und stellte mir viele lustige Fragen. Und die Frauen wollten mich immer vor den Männern in Schutz nehmen. Voll putzig. Um halb zwei waren die Zeit gekommen sich zu verabschieden, ich durfte alle einmal umarmen und dann trennten sich unsere Wege. Ach was war ich gut gelaunt.


Der Blick aus meinem Zimmer. Die Lampe bitte wegdenken.

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