Tag 20 - Route nach Las Vegas

Tag 20 - Route nach Las Vegas | 09.05.05

Mein Zimmer im Erdgeschoss lag schön zentral. D.h. ich hatte es nicht weit zur Rezeption und zum Parkplatz. Soweit so gut. Das bringt aber auch den Umstand mit sich, dass jeder Hintz und Kuntz an dem Zimmer vorbeigeht. Aber zum Glück ist es so, dass die Leute alleine sind. Nein, da ist sonst niemand in dem 150 Zimmer Hotel. Nein, da sind keine anderen Gäste die um 7 Uhr noch schlafen. Daher braucht man auch keine Rücksicht auf diese Leute nehmen und kann tun und lassen was man will. Zum Beispiel laut sein. Im Flur rumalbern, laut lachen und auf den Boden stampfen. Und falls doch mal noch jemand im Hotel sein sollte, dann kann man froh sein, dass die Wände sooo dick sind, dass man im Zimmer noch so laut sein kann und der Nachbar davon nichts mitbekommt. Welch ein Glück.

Um 7 Uhr war ich also wach und konnte nur noch so vor mich hindösen. Meine Wecker hatte ich mir auf 8 Uhr gestellt, weil ich es so in Erinnerung hatte, dass es bis 9 Frühstück gibt. Ich muss gerade wieder eingeschlafen sein, als der Wecker die Rolle meiner Mitgäste übernahm und mich aufweckte. Ich bin nach wie vor nicht der Frühfrühstücker, aber das Hotel steht mit 115€/Nacht auf meiner Most-Expensive-Liste an Stelle 1 (soviel zahle ich sonst für ein Woche Jugendherberge). Also wollte ich mal sehen was die hier zu bieten haben, wenn es eh schon im Preis inbegriffen ist. Auch wenn das Hotel gut ist und das Angebot umfangreich, macht die Location den größten Teil des Preises aus.

Also ab unter die Dusche und zum Frühstück.

Och, sieht doch ganz nett aus. Der Typ am Eingang fragte mich dreimal etwas, was ich nicht verstand. Ich stelle hier mal die Frage in den Raum, warum es Leute gibt, die auch beim dritten mal nachfragen sich nicht den kleinsten Hauch von Mühe geben, etwas langsamer oder deutlicher zu sprechen? Zumal in einem Hotel mit internationalen Gästen an einem beliebten Tourismusort. Ich schnappte dann aber Continental Breakfast auf und sagte, ja, genau das und zeigte ihm meinen Voucher für zwei Personen. Nene, upstairs ist das. Ach so.

Oben sah das dann schon irgendwie anders aus. Ein Minibuffet mit Obst, Minimuffins, Minicroisont, Minibeagles, Kaffee, Saft. Keine Rühreier oder ähnliches. Überall große, runde Tische ohne Tischdecken. Erinnerte mich irgendwie an ein Vereinshaus. Ich stellte mir also mein Frühstück zusammen und saß alleine an einem der Tische. Als ich fertig war und raus ging, sah ich ein Schild mit dem Hinweis, dass wenn man unten Frühstückt ganze 2$ Ermäßigung gegen Vorlage des Vouchers bekommt. Mehr brauche ich zu dem Frühstück wohl nicht zu sagen.


"Frühstück"

Auf dem Zimmer nutzte ich dann die High-Speed-Internet-Connection (die wirklich schnell ist). Email, chatten, Route checken. Elf Uhr ist allerdings Check-out und somit blieb mir nicht allzu viel Zeit. Ausserdem hatte ich noch einiges an Fahrt vor mir. Mein Routenplaner wollte mich über Flagstaff schicken, was ich aber zum Glück in letzte Minute merkte. Phu, das wäre ja über eine Stunde Umweg gewesen. Da hab ich aber nochmal Glück gehabt. Ich schimpfte mit dem Programm und machte mich dann auf den Weg.


Wenn Autofahren hier nicht einfach ist, wo dann?

Parallel zu der I-40 verlief die "Historische Route 66". Wollte ich nur mal erwähnt haben. Nach ca 2,5h lag eine etwas größere Stadt auf der Stecke (Kingman) und ich beschloss dort zu tanken und einen Happen zu Essen. Eigentlich wollte ich McDoof generell meiden, da das IMHO der schlechteste Burgerladen ist. Aber da war einer direkt an der Tankstelle und weit und breit war sonst nichts anderes. Außerdem war ich zu faul mit dem Auto die große Kreuzung zu überqueren.

Also holte ich mir dort ein Chicken-Burger-Menu. Mir fiel auf, dass das Durchschnittsalter extrem hoch war. Die Ältesten habe ich auf über 70 geschätzt. Vielleicht ein Typ war jünger als ich, alle anderen älter, meist so zwischen 50 und 65. Ich kam mir vor, als würde ich bei uns in einem Mäkkes sitzen, nur dass eine große, schwarze Wolke gekommen wäre, die nachdem sie wieder verschwunden ist, alle um 40 Jahre älter gemacht hätte. Echt wahr. Irgendwie passte das nicht zusammen. Aber so ist das halt hier in Amerika.

Ich setzte meinen Weg also fort und führ auf die 95 in westliche Richtung auf.


Wer "Final Destination 2" gesehen hat, weiß woran ich in diesem Moment denken musste. Der LKW hat übrigends mich überholt - bei 75 mp/h.

Nach einer Stunde hielte ich Ausschau nach Schildern mit Hinweis auf den Hover Damm. Fand aber keine. Stattdessen passierte ich einen Kontrollpunkt, der nicht in Betrieb war. Und dann stand dort ein Schild "Searchlight, Las Vegas - 95 Nord". Hä? Nord? Ich klappte meinen Laptop auf und betrachtete die Karte (so gut das halt während der Fahrt geht, gell). Also da ist eine 95. Aber erstens erst nach dem Damm und zweitens geht die nur nach Süden. .... *tickertickerticker* .... *tickerklack* Ngmpfgrrrlgngngngn. Ich bin in Kingman auf die falsche Bahn aufgefahren. Ich bin einem Schild 95 anstatt 93 gefolgt. *Kicher* Kopfschütteln. *Kicher* Ich bin so doof. Hihihi. Arg.

Ich bog also auf die 95 Richtung Norden. Eine einspurige Straße (pro Richtung natürlich), die ganz viele, lustige Hügel hatte. Solche, bei denen man so ein Kribbeln im Bauch bekommt wenn man schnell genug drüber fährt. Das und die schöne Gegend dort entschädigte den geschätzten Umweg von einer Stunde etwas. Zum Damm wollte ich aber trotzdem noch, dazu musste ich dann aber erst wieder nach Osten.


:)

Dort angekommen schlenderte ich einmal drüber und schaute mir alles an. Es war sehr heiß, so ca 35°. Als ich am Morgen losfuhr waren es ca. 15°. Ein Mann stand vor zwei Statuen und erzählte über ein Mikrofon/Lautsprecher etwas über den Damm. Die Statuen werden nicht gepflegt, weil der Erschaffer das so wollte. So kann man besser erkennen, wie alt der Damm schon ist. Aber seit Neunzehnhundertdazumal reiben die Leute die Füße der Figuren bevor sie nach Las Vegas fahren, denn das bringt Glück. Ich tat es
mal, man weiß ja nie. Schaden tut es sicher nicht.


Ver-hover-damm-t.


Wer mir den Rücken massiert, wird ganz viel Glück haben. Ehrlich.


Ha! Wer kann von sich schon behaupten, in zwei Staaten gleichzeitig gewesen zu sein?

Ich schlenderte zum Wagen zurück und fuhr nach Vegas. Inzwischen bin ich - was die Geschwindigkeiten betrifft - vorsichtiger geworden. Alleine heute habe ich vier Polizeiwagen gesehen, welche Zuschnellfahrer gestop haben. Ich fahre also _maximal_ fünf meilen zu schnell. Aber auch nur wenn ich in der Pampa bin. An zweien bin ich vorbeigefahren und war zum Glück nicht zu schnell. In Las Vegas angekommen bemerkte ich zu erst den unterschiedlichen Fahrstil. Viel aggressiver und Tempolimits scheint niemanden zu interessieren. Ein Frau rast an mir vorbei, die hinteren Scheiben sind von oben bis unten mit Fingerdatschern übersäht. Aha, Kinder an Board. Kurz darauf überholt mich eine Highwaypatrol und nochmal kurz darauf sehe ich, wie zweitere erstere angehalten hat.


Das ist der Weg, den ich dann gefahren bin. Wer die "Abkürzung" findet, darf sie für sich behalten.

Dann erstmal Stau, bedingt durch eine Baustelle. Ich sehe einen Wal-Mart und mache dort einen Zwischenstop. Bisschen was zu trinken, knabbern und Pflaster. Ja, ist das denn die Möglichkeit. Ich hab zwei Sachen in meinem Einkaufswagen, drehe ihm für 20 Sekunden den Rücken zu, da will sich doch eine anderen diesen Wagen schnappen. Hallo? Diebstahl. Während sie gerade ihre 5L Gatorade Kanister einladen will, stehe ich mit verschränkten Armen hinter ihr und beobachte sie. Sie guckt nochmal hinter sich, wohl um zu schauen, dass sie auch keiner beobachtet. Tue ich aber. "Ach, das ist ihr Wagen?" - "Yep". Tststs.

Wenn Eltern mit ihren Kindern einkaufen gehen, habe sie immer ein Problem. Die Kinder wollen dies und das. Schokolade, Spielsachen und soweiter. Wer kennt das nicht (aus welcher Sicht auch immer)? Hier gibt es dieses Problem mit Sicherheit auch. Aber noch eines mehr. Ein ca. acht (8!) Jahre alter Junge steht bei den Zeitschriften. "Ohhhh, darf ich die haben?". Zum Glück verneinte die Mutter, aber er dürfe sie sich anschauen. Gekauft wird sie nicht. Dabei handelte es sich um "Gun News". Wie der Name verraten lässt, eine Zeitschrift über Waffen. Voll-, Halb-, Semi-Automatisch - ein vierfarbiges Hochglanzmagazin, welches der Junge mit großen Augen durchblätterte. Kein weiterer Kommentar.

Als ich später auf den Strip einbog hatte ich wie beim Grand Canyon dieses ... boah. Tiefluftholen, backenaufblasen, luftanhalten, ausatmen. Auch hier bin ich ja vor ein paar Jahren schon einmal gewesen, aber diese Eindrücke die da auf einen herabrasseln sind einfach so viel auf einmal für das Bewusstsein. Das Hotel Aladdin fand ich zum Glück direkt und ich irrte durch die Tiefgarage. Ich parkte dort, wo "Vallet/Check-In" stand. Dort wollte ich den Wagen erstmal stehen lassen, einchecken und dann meine Sachen holen. Nene, winkt mich einer der Typen zu sich. Drückt mir einen Zettel in die Hand und gestikuliert wild. Ach, mir doch egal. Ich gehe zum Schalter und frage, ob ein Zimmer mit Blick auf den Strip zur Verfügung steht. Ja, 14. Stock aber Zweibett und Raucher. Iiieh. Ne, im Aschenbecher will ich nicht übernachten. Oder im 9. Zweibett Nichtraucher. Egal, dann Kingsize Nichtraucher Nichtblickaufstrip. Der 9. Stock schien mir nicht hoch genug zu sein. Sorry, keine Kinsize mehr frei. Hmpf. Ok, also 9. Stock Zweibett Nichtraucher Stripblick.

Zurück zum Auto, welches natürlich nicht mehr dort war. Ich habe es holen lassen, dem Typen gesagt er solle es doch bitte gleich wieder parken, denn es war vorher wohl ein Mistverständnis. Ich muss nur meine Sachen aus dem Auto holen. Dabei fiel mir meine Boxershorts auf dem Rücksitz auf, welche am Morgen beim Duschen so nass wurde (irgendwo war der Vorhang undicht), dass ich sie zum Trocknen dort hingelegt hatte. Upsi. *räusper* Na, egal.

Zimmer 913: Schön. Bad: Riesig. Blick: Schön. Direkt auf das Monte Carlo wenn ich auf dem Bett liege. Sonst New York, New York und was weiss ich noch alles. Der Strip halt. Der Sonnenuntergang kündigt sich an, liegt aber leider auf der anderen Seite des Hotels. Ich prüfe, ob ich ein WLAN finde, welches ich nutzen kann. Negativ. Ich schwinge mich unter die Dusche, benutze das Hoteleigene Shampoo/Duschgel und rieche danach irgendwie orientalisch. Im Fernsehen läuft 24h Folge 22. Mann, das ist immer so spannend. Etwas schicker als sonst gekleidet mache ich mich auf dem Weg zum Casino.


Harem not included.

Ich denke meine Enttäuschung beruht hauptsächlich auf den zu großen Erwartungen. Die Kleidung der Leute ist meiner Meinung nach zu unpassend. Nur wenige, die sich etwas Mühe gegeben haben. Ich erwartete, jeden Moment jemanden mit Jogginghose zu entdecken. Aber na gut. Die Angestellten behandeln Lächeln als ungelernte Gabe, selbst die Getränkebunnys sind voll gestresst. Bei den Spielautomaten steckt man Dollarscheine rein und wenn man sich seinen Gewinn auszahlen lässt, bekommt man ein Ticket mit einem Barcode, den man wiederum an den anderen Automaten zum Bezahlen nehmen kann. Das war damals alles anders. Man hat sich Geld in Quarters wechseln lassen und ist dann mit einem großen Becher von Automat zu Automat gelaufen. Da hatte man noch was in der Hand. Ausgezahlt wurde ebenso in Quarters. Die Bunnys waren freundlich, lächelten und wenig gestresst. Das Casino war nicht so dicht vollgestellt. Alles irgendwie angenehmer. Vielleicht liegt es ja am Aladdin oder nur an der Zeit, aber ich glaube nicht.

Ich dackel erstmal nur rum und schaue den Leuten über die Schulter. Bei zwei Mädels komme ich ins Gespräch und sie erklären mir, dass wenn man hier übernachtet, so Gutscheine bekommen hat. Da bekommt man eine Karte, mit der man Bonuspunkte sammeln kann für die man dann wiederum irgendetwas bekommt. Stimmt, den Zettel habe ich oben. Ich gehe ihn also holen und lasse mir so eine Karte ausstellen. Wieder null Lächeln. Das Leben und Arbeiten hier muss schrecklich sein. Die Dame sagt mir, dass ich bis Mitternacht 20$ verspielt haben muss, damit ich 10$ zum Spielen bekomme. Es ist 23.40h. Na toll. Mein Bargeld ist alle und ich versuche vergeblich an einem ATM (Geldautomat) was zu bekommen. Limit erreicht. Hmmm... komisch. Ich gehe wieder auf mein Zimmer um Euros zu holen. Ich wechsel ein paar (Kurs 1.22, aber was soll ich machen?) und setzte mich an einen der Automaten. Drück, Spin, Rassel, Klingel. 20$ Weg. Nüja. Ich bin ja nicht zum Gewinnen hier *hüstel*. 10$ Gutschrift. Spin, Klingel, Drück. 35$. Och cool. Ich lasse mir mein Geld "auszahlen" und dackel weiter durch die Gegend.

Größenwahnsinn überkommt mich und ich setzte mich an einen Automaten mit 1$ Einsatz. Vorher waren das 10 Cent. Ich drücke ein paar mal und das Geld ist alle alle. Ups. Ich laufe weiter und merke, dass sich keiner beim Spielen zusehen lassen will. Schade, denn das macht mir fast genauso viel Spaß wie selbst spielen. Also stopfe ich nochmal 20$ in einen anderen Automaten mit 1-10 Cent Einsatz und verbringe recht viel Zeit dort. Irgendwann ist aber auch das Geld aufgebraucht. Keine Lust mehr. Ab aufs Zimmer und ins Bett. Diesen Abend hatte ich mir spannender, spaßiger und angenehmer vorgestellt. Aber so kann man sich täuschen.